Treuhand Niederrhein erfolgreich vor dem Bundesverfassungsgericht

Mit Beschluss vom 8. Juli 2021 hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen mit jährlich 6 % ab dem Jahr 2014 für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber verpflichtet bis zum 31.07.2022 eine Neuregelung zu treffen.

Der Beschluss erging aufgrund von zwei Verfassungsbeschwerden. Die Verfassungsbeschwerde 1 BvR 2237/14 wurde durch Kollegen der Treuhand Niederrhein geführt. Die vom Bundesverfassungsgericht in diesem Zusammenhang festgestellte Verfassungswidrigkeit der Vollverzinsung ist im Jahr des 100jährigen Jubiläums der Treuhand Niederrhein ein besonderes Ereignis, mit dem ein Beitrag zu mehr Steuergerechtigkeit geleitet wird und einer Vielzahl von Steuerpflichtigen entlastet wird.

Auszug aus der Pressemitteilung:

Die Verzinsung von Steuernachforderungen mit einem Zinssatz von monatlich 0,5 % nach Ablauf einer zinsfreien Karenzzeit von grundsätzlich 15 Monaten stellt eine Ungleichbehandlung von Steuerschuldnern, deren Steuer erst nach Ablauf der Karenzzeit festgesetzt wird, gegenüber Steuerschuldnern, deren Steuer bereits innerhalb der Karenzzeit endgültig festgesetzt wird, dar. Diese Ungleichbehandlung erweist sich gemessen am allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG für in die Jahre 2010 bis 2013 fallende Verzinsungszeiträume noch als verfassungsgemäß, für in das Jahr 2014 fallende Verzinsungszeiträume dagegen als verfassungswidrig. Ein geringere Ungleichheit bewirkendes und mindestens gleich geeignetes Mittel zur Förderung des Gesetzeszwecks bestünde insoweit in einer Vollverzinsung mit einem niedrigeren Zinssatz. Die Unvereinbarkeit der Verzinsung nach § 233a AO mit dem Grundgesetz umfasst ebenso die Erstattungszinsen zugunsten der Steuerpflichtigen. Das bisherige Recht ist für bis einschließlich in das Jahr 2018 fallende Verzinsungszeiträume weiter anwendbar. Für ab in das Jahr 2019 fallende Verzinsungszeiträume sind die Vorschriften dagegen unanwendbar. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, bis zum 31. Juli 2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen.